Die EU-Kommission will regulatorische Hemmnisse für den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds in der EU abbauen. Die Vorschläge werden nun im Europäischen Parlament diskutiert.
11.10.2018 | 09:30 Uhr von «Matthias von Arnim»
Die EU-Kommission arbeitet an einer ganzen Reihe von Gesetzen, Regeln und Vorschriften, die letztlich auf eine Vertiefung der Kapitalmarktunion (CMU) zielen. Ein Punkt auf der Agenda der Kommission ist der grenzüberschreitende Vertrieb von Investmentfonds. Nach Ansicht der Kommission behindern nationale regulatorische Hindernisse einen einheitlichen Markt. Die Erkenntnis: Diese Hemmnisse können von den einzelnen Mitgliedstaaten nicht beseitigt werden. Deshalb haben die zuständigen Kommissare Vorschläge für eine Verordnung und eine Richtlinie gemacht, die den Handel über die innereuropäischen Grenzen hinweg weiter harmonisieren und vereinfachen sollen.
Die Vorschläge sehen unter anderem vor, dass sogenannte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) sowie alternative Investmentfonds (AIF) nicht verpflichtet werden dürfen, in den Aufnahmemitgliedstaaten „physisch präsent“ zu sein. Zudem will die Kommission gemeinsame Regeln einführen, nach denen die Verwalter von OGAW und AIF die Vermarktung ihrer Fonds in einem bestimmten Mitgliedstaat einstellen können. Außerdem sollen Bedingungen für die „Pre-Marketing“- Aktivitäten der Verwalter von AIF eingeführt werden. Dies sind Aktivitäten, um das Interesse professioneller Anleger an Anlagekonzepten und -strategien zu testen. Einige Vorschriften über „Vertriebsregeln“ sollen harmonisiert werden. Zudem sollen Vorschriften über die Verhältnismäßigkeit und Transparenz der Aufsichtsgebühren und -entgelte eingeführt werden.
Das Diskussionspapier der Kommission hat es in sich. Sollten die Vorschläge umgesetzt werden, ergeben sich gegenüber dem aktuellen Status Quo wesentliche Änderungen:
Das Centrum für Europäische Politik (cep) hat die Vorschläge der Kommission analysiert und bewertet die zum Teil positiv: So senkt die Vorschrift, wonach OGAW-Investmentfonds und Kleinanleger-AIF nicht verpflichtet werden dürfen, in den Aufnahmemitgliedstaaten „physisch präsent“ zu sein, die Vertriebskosten für grenzüberschreitend tätige Investmentfonds. Weniger positiv sieht das cep keinen überzeugenden Grund, gesetzliche Vorschriften dafür zu machen, unter welchen Bedingungen ein Investmentfondsmanager die Vermarktung seiner Fonds einstellen darf. Auch könne die Bestimmung, dass Aufsichtsgebühren in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten der Aufsichtsbehörden stehen müssen, nicht auf eine Binnenmarkt-Kompetenz gestützt werden. Die Definition von „Pre-Marketing“-Aktivitäten würde nach Ansicht des cep den Vertrieb von AIF an professionelle Anleger zudem nicht wesentlich vereinfachen, da der zulässige Umfang der „Pre-Marketing“-Aktivitäten sehr begrenzt sei. Ein weiterer Kritikpunkt: Die systematische nationale Meldepflicht für die Marketing-Anzeigen stellt einen unnötigen Verwaltungsaufwand für die Fondsverwalter dar, so das cep.
Inwieweit die Kommission die Kritikpunkt des cep in der weiteren Diskussion berücksichtig, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Das erklärte Ziel der Institution ist es, die EU-Politik systematisch wissenschaftlich zu begleiten, um quasi als Frühwarnsystem sowohl für die Entscheidungsträger als auch für die Öffentlichkeit zu fungieren. Die politisch engagierte Denkfabrik mit Sitz in Freiburg unter dem Dach der unabhängigen Stiftung Ordnungspolitik steht für eine sehr marktradikale Auslegung der freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Ordnung und ist gut in Berlin und Brüssel vernetzt.
Die vollständige cep-Analyse zum Kommissionsvorschlag über den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds als PDF-Dokument.
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